Stellungnahme zum Ministerialentwurf für das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG)

Übermittelt am 23.02.2024 um 14:50.

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Frau Bundesministerin,

wir bedanken uns für die Möglichkeit zur Stellungnahme bei diesem so wichtigen Gesetz. Um auch für Außenstehende die Lesbarkeit unserer Argumentation für Verbesserungsvorschläge zu erhöhen, haben wir auch die aktuell vorgeschlagenen gesetzlichen Formulierungen aufgeführt.

Allgemeine Kommentare

Wir begrüßen das vorgestellte ElWG sehr und die darin formulierten Verantwortlichkeiten der verschiedenen Marktteilnehmer. Als eine der größten, auf dem gesamten Bundesgebiet aktiven Bürgerenergiegemeinschaften haben wir mittlerweile ein umfangreiches Wissen zu den Abläufen und den Herausforderungen für Bürgerenergiegemeinschaften, aber auch für Erneuerbare Energiegemeinschaften und Gemeinschaftliche Erzeugungsanlagen angesammelt.

Die Umsetzung der im EAG festgelegten Regelung zu Energiegemeinschaften ist von den großen Verteilnetzbetreibern gemäß dem von Österreichs Energie vorgestellten Implementierungsfahrplan termingerecht umgesetzt worden. Leider sind aber nach wie vor von den österreichweit 122 aktiven Verteilnetzbetreibern aktuell noch ca. 100 nicht in der Lage auch die Teilnahme an einer netzgebietsübergreifenden Bürgerenergiegemeinschaft zu ermöglichen. Die Einhaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen sehen wir aber als Aufgabe der staatlichen Regulierungsbehörde und fließt in unsere Kommentare nur insofern ein, wenn wir durch Vereinfachungen und Standardisierung auch eine Erleichterung für die Netzbetreiber sehen.

Wir werden uns in unseren Kommentaren auf die für die Teilnahme an, und den Erfolg von Energiegemeinschaften relevanten Paragraphen beschränken, um dieses im internationalen Vergleich gelungene Erfolgsmodell auch zukunftsfit zu gestalten, damit ein wertvoller Beitrag zur Energiewende geliefert werden kann.

Kommentare zu Paragraphen und Abschnitten

Gesetzliche Formulierung und Erläuterungen zu § 40 (2) Pkt. 4 - Anforderungen an intelligente Messgeräte:

§ 40. (1) Die Regulierungsbehörde hat jene Anforderungen durch Verordnung zu bestimmen, denen intelligente Messgeräte zu entsprechen haben (Intelligente Messgeräte-Anforderungsverordnung) und gemäß § 119 bei der Ermittlung der Kostenbasis für die Entgeltbestimmung in Ansatz zu bringen. ...

(2) Folgende Mindestfunktionalitäten haben intelligente Messgeräte jedenfalls zu erfüllen: ...

4. die Endkundin oder der Endkunde muss über eine unidirektionale Kommunikationsschnittstelle die gemessenen Energiewerte abrufen können.

§ 40. (2) Pkt. 4 | 7Energy – BEG Kommentar:

Die unidirektionale Kommunikationsschnittstelle wäre für Echtzeitdatenerfassung perfekt, wenn sie auch standardisiert und mit einem standardisierten Kommunikationsprotokoll versehen wäre. Viele, wenn nicht alle, verbaute intelligente Messgeräte haben eine optische Schnittstelle, aber diese wurde von einigen Netzbetreibern per Vorstandsbeschluss nicht für Endnutzer:innen freigegeben und dient nur Wartungszwecken. Die Möglichkeit ein Auslesegerät per Kabel anzuschließen, scheitert an der teilweise nicht verfügbaren Stromversorgung.

Wir kennen einige Startups, die mit viel Aufwand optische Auslesegeräte entwickelt haben, aber diese wegen dem Schnittstellenproblemen nicht einsetzen können. Auch das von der Energiebranche angekündigte Auslesegerät stoßt auf wenig Interesse, weil die Probleme mit der Auslesung und Datenübertragung mangels Standardisierung ja auch hier nicht gelöst sind.

Dabei ist gerade die detaillierte Datenerfassung mit hoher Auflösung der Ausgangspunkt für Energieeinsparungen und die Verbesserung der Beratung für netzdienliches Verhalten. Angesichts der stark zunehmenden volatilen Erzeuger im Stromnetz ist es verwunderlich, warum hier in Österreich die Erschließung dieses Potentials so stark behindert wird.

Deshalb schlagen wir folgende Änderung der gesetzlichen Formulierung vor:

§ 40. (2) Pkt. 4: die Endkundin oder der Endkunde muss über eine unidirektionale Kommunikationsschnittstelle die gemessenen Energiewerte in Fast-Echtzeit abrufen können. Diese Schnittstelle kann entweder optisch oder stromführend kabelgebunden sein und muss ein einfaches und standardisiertes Datenprotokoll verwenden.

Weitere Details können gemäß § 44 dann von der Regulierungsbehörde mit Verordnung definiert werden.


Zugang zu Messdaten von intelligenten Messgeräten für Endkundinnen und Endkunden

§ 43. (1) Netzbetreiber haben dafür zu sorgen, dass ehestmöglich, spätestens einen Monat ab dem Zeitpunkt der Installation eines intelligenten Messgeräts bei der jeweiligen Endkundin oder beim jeweiligen Endkunden, sämtliche Viertelstundenwerte im intelligenten Messgerät erfasst und zur Verfügbarkeit für die Endkundin oder den Endkunden 60 Kalendertage im intelligenten Messgerät für die in § 42 genannten Zwecke gespeichert werden.

Erläuterungen zum Ministerialentwurf:

Die Bestimmung folgt auf § 84 ElWOG 2010. Abs. 1 setzt eine Frist für die Aktivierung des intelligenten Messgeräts ab dem Zeitpunkt der Installation.

§ 43. (1) | 7Energy – BEG Kommentar:

Wir begrüßen ausdrücklich die Verkürzung des Zugangs zu Messdaten auf einen Monat. Aus der täglichen Praxis können wir berichten, dass es bei einigen Netzbetreibern große Bemühungen gibt, die „Störungsquellen“, die eine Datenübertragung erschweren, zu finden. Wir haben auch schon erlebt, dass eine andere Datenübertragungsmethode installiert wurde. Es gibt also Lösungen und es liegt dann im Prinzip nur am Willen des jeweiligen Netzbetreibers, im Falle von Problemen bei der Datenübertragung auch die nötigen Maßnahmen zu setzen.

Für Energiegemeinschaften ist diese Verkürzung ein Segen und es reduziert den administrativen Aufwand für die Verwaltung von Zählpunkten beträchtlich.


§ 43. (2) Netzbetreiber sind verpflichtet, Endkundinnen und Endkunden, deren Verbrauch oder Einspeisung über ein intelligentes Messgerät gemessen wird, die Energiewerte und Zählerstände spätestens zwölf Stunden nach deren Auslesung aus dem Messgerät über ein kundenfreundliches WebPortal kostenlos zur Verfügung zu stellen. Die dafür erforderlichen Energiewerte sind dabei zumindest einmal täglich aus dem Messgerät auszulesen. Die Netzbetreiber haben Vorkehrungen für eine sichere Identifizierung und Authentifizierung der Endkundinnen und Endkunden auf dem Web-Portal sowie für eine verschlüsselte Übermittlung der Daten nach dem Stand der Technik zu treffen. Endkundinnen und Endkunden, die über keinen Internetzugang verfügen oder die nur auf unzumutbare Weise Zugang zum Internet haben, ist nach Möglichkeit ein vergleichbarer Informationsstand zu ermöglichen.

§ 43. (2) | 7Energy – BEG Kommentar:

Viele unserer Mitglieder haben noch keine Registrierung auf den Portalen der Netzbetreiber vorgenommen und müssen dies tun, um über den Online-CCM-Prozess die Datenfreigabe zu ermöglichen. Leider gab es offenbar keine Abstimmung unter den Netzbetreibern für eine einfache, ausreichend sichere und einheitliche Art der Registrierung. Das führte zu einem regelrechten Wildwuchs an Registrierungsmethoden auf den Webportalen der Netzbetreiber. Dabei werden Daten wie Zählpunktnummer, Kundennummer, Zählernummer, Vertragsnummer usw. abgefragt, die man teilweise nicht mal auf der oft kombinierten Stromrechnung findet. Manche Netzbetreiber versenden sogar einen einmal gültigen PIN per Post für die Erstregistrierung.

Wenn Mitglieder Liegenschaften in verschiedensten Netzgebieten haben und diese in unsere BEG aufnehmen wollen, ist es eine Zumutung, sich in all diesen Webportalen auf unterschiedlichste Art registrieren zu müssen. Diese Komplexitätshürde behindert den Erfolg von Energiegemeinschaften und verursacht Friktionen, die völlig vermeidbar wären.

Deshalb schlagen wir folgende Änderung der gesetzlichen Formulierung vor:

§ 43. (2): ... Die dafür erforderlichen Energiewerte sind dabei zumindest einmal täglich aus dem Messgerät auszulesen. Die Netzbetreiber haben Vorkehrungen für eine sichere Identifizierung und Authentifizierung der Endkundinnen und Endkunden auf dem Web-Portal sowie für eine verschlüsselte Übermittlung der Daten nach dem Stand der Technik zu treffen. Die Registrierung auf den Webportalen der Netzbetreiber ist nutzerfreundlich und österreichweit einheitlich zu implementieren und sollte in wenigen Minuten erledigt werden können. Endkundinnen und Endkunden, die über keinen Internetzugang verfügen oder die nur auf unzumutbare Weise Zugang zum Internet haben, ist nach Möglichkeit ein vergleichbarer Informationsstand zu ermöglichen.


Bürgerenergiegemeinschaften

§ 53 (5): Innerhalb einer Bürgerenergiegemeinschaft erzeugte, jedoch nicht verbrauchte Strommengen aus erneuerbaren Quellen können unter Beachtung der geltenden Voraussetzungen nach den Bestimmungen des 1. Hauptstücks des 2. Teils des EAG bis zu einem Ausmaß von maximal 50 % der innerhalb einer Bürgerenergiegemeinschaft insgesamt erzeugten Strommenge durch Marktprämie gefördert werden. Die Marktprämie ist auf Basis der von einer Bürgerenergiegemeinschaft vermarkteten und in das öffentliche Stromnetz eingespeisten Strommenge zu berechnen. Für die von den Mitgliedern oder Gesellschaftern verbrauchten oder diesen zugeordneten Erzeugungsmengen gebührt keine Marktprämie.

§ 53. (5) | 7Energy – BEG Kommentar:

Die Beschränkung, nur maximal 50% der innerhalb einer Bürgerenergiegemeinschaft insgesamt erzeugten Strommenge über die Marktprämie zu fördern, benachteiligt Bürgerenergiegemeinschaften in ihrem Wachstum massiv. Dies stellt eine erhebliche Hürde für die Aufnahme und wirtschaftliche Realisierung von geförderten Volleinspeiseanlagen in Energiegemeinschaften dar. Besonders bei Photovoltaikanlagen ist es dann ratsam, einen Durchrechnungszeitraum von einem Jahr bei der ÖMAG zu wählen, um in den sonnenreichen Sommermonaten die 50%-Grenze nicht zu überschreiten. Allerdings führt eine jährliche Vergütung zu Liquiditätsproblemen, mit denen kaum eine Bürgerenergiegemeinschaft zurechtkommen wird.

Da es sich um eine im EAG definierte Regelung handelt, schlagen wir vor, diese Diskriminierung aus dem Gesetz zu streichen und nach alternativen Lösungen zu suchen, um Bürgerenergiegemeinschaften einen wirtschaftlichen Zugang zu Volleinspeiseanlagen zu ermöglichen.


Gemeinsame Bestimmungen für Energiegemeinschaften

§ 55. (3) Wird eine Energiegemeinschaft durch ein Mitglied oder einen Gesellschafter zur Abgabe von Willenserklärungen bevollmächtigt, so ist die Bevollmächtigung dem Netzbetreiber glaubhaft zu machen.

Erläuterungen zum Ministerialentwurf:

Die von jedem Mitglied einer Energiegemeinschaft durchzuführenden Registrierungs- und Meldeprozesse haben sich als sehr aufwendig herausgestellt. Die vorgeschlagene Regelung ist jener Regelung, die für Wechselprozesse gilt, nachgebildet. Sie zielt darauf ab, bürokratische Hürden im Gründungs- und Errichtungsprozess von Energiegemeinschaften abzubauen, indem die Energiegemeinschaften die gebündelte Registrierung ihrer Mitglieder durchführen. Die Bestimmung stellt daher klar, dass Energiegemeinschaften durch ihre Mitglieder zur Abgabe von Willenserklärungen bevollmächtigt werden können und die Bevollmächtigung gegenüber dem Netzbetreiber glaubhaft zu machen ist. Die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung der dafür notwendigen Daten durch die Netzbetreiber gründet sich auf Art. 6 Abs. 1 lit. a) (Einwilligung) und lit. c) (Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung) DSGVO.

§ 55. (3) | 7Energy – BEG Kommentar:

Wenn die beiden verfügbaren CCM-Prozesse einfach administrierbar und einheitlich umgesetzt worden wären, wäre dieser Absatz vielleicht gar nicht so dringend notwendig. Leider führen die konkreten Implementierungen zur Registrierung auf Webportalen und dem teilweise enorm umständlich gehandhabten Offline-Prozess zu einem erheblichen administrativen Aufwand in jeder Energiegemeinschaft.

Daher begrüßen wir ausdrücklich die Möglichkeit für Energiegemeinschaften, Mitglieder auch über eine Vollmacht beim Netzbetreiber zu vertreten. Die Informationspflichten durch die Energiegemeinschaften bleiben trotzdem bestehen, und dadurch wird es einfacher, marginalisierten Bevölkerungsgruppen den Zugang zu Energiegemeinschaften zu ermöglichen.


Diskriminierungsverbot für Lieferanten

§ 57. Lieferanten dürfen gegenüber Endkundinnen und Endkunden, die

1. als Eigenversorger gemäß § 48 tätig sind,

2. Peer-to-Peer-Verträge gemäß § 51 abschließen,

3. an gemeinschaftlichen Erzeugungsanlagen gemäß § 52, Bürgerenergiegemeinschaften gemäß § 53 oder Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften gemäß § 54 teilnehmen,

keine diskriminierenden Anforderungen, Verfahren oder Entgelte vorsehen. Der Lieferant darf insbesondere keine Mindeststromliefermenge festlegen und nur solche Kosten an die Endkundin oder den Endkunden weiterverrechnen, die aufgrund des jeweiligen Tatbestands tatsächlich beim Lieferant angefallen sind.

Erläuterung zum Ministerialentwurf:

Das Diskriminierungsverbot für Lieferanten stellt sicher, dass Endkundinnen und Endkunden die unterschiedlichen „Bürgerenergie“-Modelle ohne Nachteile nutzen können. Die Lieferanten dürfen jedoch solche Kosten an ihre Kundinnen und Kunden weitergeben, die aufgrund der Nutzung des jeweiligen Modells tatsächlich bei ihm angefallen sind. Zum Beispiel könnte ein erhöhter Aufwand bei der Rechnungslegung durch die Teilnahme an einer Energiegemeinschaft zu Kosten führen, die im tatsächlich angefallenen Ausmaß weiterverrechnet werden könnten.

§ 57. | 7Energy – BEG Kommentar:

Wir hören zunehmend von solchen Geschäftspraktiken bei Lieferanten und daher begrüßen wir ein gesetzlich festgelegtes Diskriminierungsverbot ausdrücklich.


Wir hoffen, dass die vorgeschlagenen Änderungen Beachtung finden und dass die besonders hervorgehobenen, von uns ausdrücklich begrüßten Paragrafen und Absätze auch in der endgültigen Fassung des ElWG enthalten sein werden.

Auf eine erfolgreiche Energiewende,

Thomas Zeinzinger & Peter Grassberger

7Energy - BEG

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